Wie Nürnbergs Lettern die Welt eroberten

Wie es dazu kam, dass Nürnberg sich im 15. Jahrhundert zu einem der wichtigsten Zentren des europäischen Buchdrucks entwickeln konnte und wo man das heute am besten nachempfinden kann.

Die alte Bleisatzwerkstatt von 1930 ist das Herzstück der Ausstellung. Das Industriemuseum Nürnberg hat diese Werkstatt mit all ihren Lettern und Fächern vor der Verschrottung bewahrt. (Foto: Berg)

Die alte Bleisatzwerkstatt von 1930 ist das Herzstück der Ausstellung. Das Industriemuseum Nürnberg hat diese Werkstatt mit all ihren Lettern und Fächern vor der Verschrottung bewahrt. (Foto: Berg)

Riechen Sie mal! Um Nürnbergs Geschichte als Medienzentrum mit allen Sinnen zu begreifen, sollten Sie die historische Bleisatzwerkstatt im Industriemuseum besuchen. Sobald Sie den Raum auf der linken Seite im Museum betreten, werden Sie sich sofort in die 1930er Jahre versetzt fühlen. Schon der typische Geruch nach Druckerschwärze ist das Richtige für LiebhaberInnen bedruckten Papieres.

Nürnberg gehörte neben Köln, Augsburg, Paris, Venedig und Rom zu den Städten in Europa, die sich ab etwa 1461 zu den europäischen Zentren des Buchdrucks entwickelten. Wegbereiter für die Anfänge in Nürnberg sind v.a. Ulman Stromer mit seiner ersten Papiermühle nördlich der Alpen und Johannes Sensenschmidt, der gemeinsam mit Heinrich Kefer bei Gutenberg gelernt haben soll und seine Kenntnisse in Nürnberg angewendet hat. Dazu kommen eine gut entwickelte Metallindustrie sowie intensive Handelsbeziehungen.

Der Nürnberger Ratsherr Ulman Stromer mit elterlichem Handelshaus und Niederlassungen in halb Europa reiste viel. In Italien lernte er das Handwerk des Papierschöpfens kennen und nahm sich kurzerhand ein paar Vertreter der Zunft mit zurück nach Nürnberg. Dort errichtete er um 1390 herum seine berühmte Papiermühle. Somit modernisierte er die bis dahin aufwändige Papierherstellung aus Tierhäuten, indem Papier nun aus Lumpen (Hadern) geschöpft und für eine Massenproduktion tauglich wurde.  „Spätestens um 1470 sind Gutenbergs Erfindungen von mobilen Lettern und seiner Druckerpresse in Nürnberg angekommen“, erklärt Matthias Murko vom Industriemuseum Nürnberg. Damit war der Weg bereitet, um die Bibelübersetzung Martin Luthers zu verbreiten. Nicht umsonst sprach dieser von Nürnberg als dem „… Auge und Ohr Deutschlands“.

Die Bleisatzwerkstatt von 1930 in der Mitte ist das Herzstück des Raumes. Am Rand drum herum verbreiten verschiedene alte Druckerpressen ihren Charme. Von den hohen Wänden herab blicken einen die Porträts der historischen Druckerpersönlichkeiten an. Ich empfehle, sie sich einmal in Ruhe zu betrachten. Sie beginnen – natürlich (!) – mit Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert, leiten über zu Nürnbergs erstem Buchdrucker Johannes Sensenschmidt, über den Forscher Johannes Regiomontanus, der zum Beispiel auch eine eigene Druckwerkstatt besaß, über die Druckerdynastien Koberger (druckte u.a. die berühmte Schedelsche Weltchronik und das erste gedruckte Stadtrecht Deutschlands) und Endter bis zum Buchhändler und Verleger Friedrich Campe im 19. Jahrhundert.

Manchmal kann man die alten Maschinen hier auch wieder stampfen und pressen hören. Dann nämlich, wenn frühere Setzer und Drucker bei speziellen Führungen Handsatz und Buchdruck an der Kniehebelpresse oder der späteren Linotype vorführen. Diese Maschine ist übrigens wiederum einem Franken zu verdanken. Der aus dem fränkischen Dorf Hachtel im Taubertal stammende Ottmar Mergenthaler erfindet 1886 in Baltimore (USA) die erste Blower-Maschine, die spätere Linotype. 1898 bereits stellen die Nürnberger Verlage W. Tümmel und Willmy mit diesen Maschinen den Fränkischen Kurier sowie das 8-Uhr-Blatt her. Später drucken die Nürnberger Großdruckereien u.a. den Quelle-Katalog, den Kicker, die Apotheken-Rundschau oder den Spiegel.

Ehemalige Setzer und Drucker erwecken bei speziellen Führungen die alten Maschinen wieder zum Leben. (Foto: Berg)

Ehemalige Setzer und Drucker erwecken bei speziellen Führungen die alten Maschinen wieder zum Leben. (Foto: Berg)

Sieht man die vielen Fächer mit den unterschiedlichsten Bleilettern in der Werkstatt und die vielen Schübe mit Schriften darunter, kann man sich vorstellen, wie mühsam und zeitaufwändig es für den Setzer war, auch nur eine einzige Seite zusammen zu stellen. Deshalb: Gehen Sie hin, schauen Sie, riechen Sie, hören Sie!

Mehr dazu können Sie hier nachlesen: http://www.nuernberg-und-so.de/blog/ausstellung-weisse-kunst-schwarze-kunst-nuernberg-525